Die wirtschaftliche Situation des Kreises Namslau im Jahre 1940

Der Kreis Namslau bildet den östlichsten Zipfel des Regierungsbezirks Breslau und umfaßt in seiner heutigen Ausdehnung 46 Landgemeinden sowie die Kreisstadt Namslau. Die Kreisfläche beträgt 501,12 Quadratkilometer. Davon entfallen auf Acker, Wiese, Weide und Holzung 482,13 Quadrat­kilometer; auf Wasserfläche (Flüsse, Bäche, Gräben) 1,15 Quadratkilometer; auf Wege, Eisenbahn usw. 11,82 Qua­dratkilometer; auf Hofräume und Haus­gärten 6,02 Quadratkilometer.
An Einwohnern wurden 1933 bei der Volks­zählung 30 755 ermittelt. In der Land- und Forstwirtschaft sind 10149 Personen tätig, in Industrie und Handwerk 2275, in Handel und Verkehr 1143, im öffentlichen und privaten Dienst 817, im häuslichen Dienst 443. Die Volks­zählung 1939 stellte 32 438 Einwohner fest.
In der Kreisstadt befinden sich eine große Brauerei und einige kleinere Industrieun­ternehmen. Bis ins 19. Jahrhundert hinein hatten Viehhandel, Garnhandel, Tuch- und Leinenweberei den Wohlstand der Stadt Namslau begründet. Heute ist Namslau Markt für Viehhandel; Handwerk und Gewerbe sichern lediglich das Ausmaß, der für eine Kleinstadt erforderlichen wirtschaftlichen Bedürfnisse.

Der Kreis Namslau hat rein landwirtschaftlichen Charakter. Von den landwirtschaftli­chen Betrieben haben 348 eine Ausdehnung von 0,51 bis 2 Hektar, 506 von 2 bis 5 Hektar. 328 von 5 bis 20 Hektar, 238 von 20 bis 100 Hektar, 49 von 100 Hektar und darüber. Im ganzen beträgt die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe 2469. Von der gesamten Betriebsfläche von 47953 Hektar entfallen auf die landwirtschaftlich ge­nutzte Fläche 35750 Hektar und auf die forstwirtschaftlich genutzte Fläche 10 317 Hektar. Kleingärten und landwirtschaftliche Kleinbetriebe bis zu 0,5. Hektar wurden 2408 gezählt mit einer Betriebsfläche von 199 Hektar. Auf Äcker und Wiesen entfal­len etwa drei Viertel, auf Waldungen etwa ein Viertel der Gesamtfläche. An landwirt­schaftlichen Betrieben überwiegt der Großgrundbesitz mit etwa 60 Prozent der vor­handenen Flache. Der Rest von 40 Prozent verteilt sich auf bäuerliche Wirtschaften und Kleinbesitz. Ferner werden im Kreise größere Teichwirt­schaften betrieben, be­sonders Karpfenzucht. Die Weide mit ihren Zuflüssen hatte früher reichen Bestand an Krebsen.
Die Abtretung des Reichthaler Ländchens an Polen durch den Schand­vertrag von Versailles im Jahre 1920 (zehn Orte mit 4590 Einwohnern und einer Größe von zu­sammen 8482 Hektar) brachte dem Kreise große wirtschaft­liche Schäden..
Mit der Machtübernahme durch den Nationalsozialismus wurden energische Schrit­te zur wirtschaftlichen Gesundung des Kreises eingeleitet. In den Jahren 1933 bis 1939 sind insgesamt 40 .Kilometer neue Straßen gebaut, 16 Meliorationsverbünde mit 8000 Morgen Fläche neu gegründet worden, Ferner wurden errichtet: 140 Klein­siedlungen und Volkswohnungen, 45 Land-arbeiterwohuungcn und Eigenheime und 44 Neubauernstellen durch Auf-siedlung von drei Gütern. Zwei neue Volksschulen wurden gegründet, ferner drei Arbeitsdienstlager und zwei Landjahrlager eingerich­tet. Eine Maß­nahme von einschneidender Bedeutung ist der Bau der Bahnlinie Neumittelwalde—Groß-Wartenberg—Namslau—Brieg, mit dem 1936 begonnen wurde. Durch den Bau dieser Eisenbahn wird der Kreis Namslau enger an die innerschlesi­sche Wirtschaft angeschlossen werden.
Nachdem das Polenreich zerschlagen worden ist, ist auch das Reichthaler Länd­chen wieder frei geworden, das sein Deutschtum trotz 20 Jahren Fremd­herrschaft weitest erhalten hat. Es wird demnächst wieder in den Gesamtverband des Kreises Namslau zurückkehren und so im Verein mit dem nun wieder geschlossenen alten Kreisgebiet zu neuer Blüte aufsteigen.
Kreisoberinspektor König, Namslau.

Quelle: Auszug aus dem Aufsatz „Zum Geleit“ aus dem Adresssbuch von Namslau 1940