Unser Schützenhaus

Bericht von Artur Hosemann anlässlich der 500 Jahr-Feier der Namslauer Priveligierten Schützengilde von 1434 im Jahre 1934


     Anläßlich der 500-Jahrfeier unserer Schützengilde gebietet es sich, etwas über unsere Schützenhäuser zu sagen. Aus alten Urkunden und aus der Schützenchronik entnehmen wir folgendes:
     Bis zum Jahre 1846 stand das alte Schützenhaus dort, wo sich heute die Stallungen des Hotels Grimm befinden. Man schoß in der Richtung nach dem Landratsamt. Die Entfernung betrug annähernd 120 m. Der Kugelfang befand sich an dem Turm, der heute noch auf der alten Stadtmauer in der Nähe des Kreishauses zu sehen ist. Diese Anlage blieb noch auf Jahre hinaus bestehen. Doch die Räumlichkeiten des eigentlichen alten Schützenhauses genügten bald nicht mehr den gestellten Anforderungen, zumal die Gilde nach einem harten Kampf um ihre Privilegien (1835 bis 1838) rein zahlenmäßig einen gewaltigen Aufstieg erfahren hatte. Daher faßte man im Jahre 1846 den Beschluß, ein neues Schützenhaus zu bauen, das weniger den Verhältnissen, als gerade dem Geiste der Bewegung entsprechen sollte. Der damalige Bürgermeister Weisler erklärte sich wohl mit diesem Gedanken einverstanden. Doch der größte Teil feiner Stadtverordneten und weite Kreise der Bürgerschaft waren entschiedene Gegner des Unternehmens. Man schickte, sogar eine Deputation an die Regierung, um von dieser Instanz aus den Bau zu verhindern. Als man auch hierdurch nichts auszurichten vermochte, traf die Gilde dle ersten erforderlichen Vorbereitungen. Der Chronist gibt an einer Stelle seiner ganzer Freude über den gelungenen Sieg Ausdruck, indem er sagt: "doch diese mußten unverrichteter Sache wieder abziehen". Er erzählt weiter: "Wie der erste Baum fiel, war es eine große Freude für die Gilde. Nachdem dieser zuvor von einem jeden Mitgliede unserer Schützengesellschaft mit dem städtischen Waldeisen 3 Schläge bekommen hatte, fiel er unter immerwährenden Hurrarufen. Am 23. März wurde der Grundstein durch Herrn Bürgermeister Weisker mit drei Hammerschlägen in Richtung nach dem alten Schützenhause getan. Unter freudigen Ereignissen wurde dieser Tag beschlossen".


     Der Bau ging fast ausnahmslos gut vonstatten; das verdankte man zum großen Teil vielen Landwirten und Bürgern der Stadt, die in uneigennütziger Weise und aus Liebe zur gutem Sache Gespanne und Geldmittel zur Verfügung stellten. So war der Bau im Januar 1847 fertiggestellt und wurde am 6. April desselben Jahres unter dem Namen "Gasthof zum Schützenhause" eingeweiht. Die Baukosten einschließlich der Mobilarbeschaffung beliefen sich auf 6000 Thaler, die bis auf einige hundert Thaler vom Scbützenbruder Kaufmann Liebrecht vorgeschossen wurden. Als Besitzer dieses Gasthauses, zu dem eine Kegelbahn, ein Hofraum, Garten und einige Morgen Ackerland gehörten, schloß die Gilde 1850 einen Pachtvertrag auf drei Jahre mit dem Weinhändler Förderung ab Die Pacht betrug 335 Thaler pro Jahr Der Vertrag enthielt u. a die Bedingung, daß die Räumlichkeiten des neuen wie des alten Schützenhauses beim 8tägigen Königsschießen und dem 2tägigen Herbstabschießen unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden mußten.


     Im Laufe der Jahre kam der Pächter in wirtschaftliche Not und .war bald nicht mehr imstande, die Pacht aufzubringen. Das Grundstück wurde zunächst von der Stadtverwaltung angekauft, von welcher es im Jahre 1863 der Vater des jetzigen Besitzers, Herrn Adolf Grimm, erwarb. Dieser führte im Laufe der Jahre Um- und Erweiterungsbauten aus, die dem Grundstück das Aussehen wie es sich uns heute darstellt. Angelehnt an die alte Stadtmauer zog sich der Gebäudekomplex von dem Krakauer Tor mit dem "Pulverturm" bis zur Kirche der lutherischen Gemeinde. An der Front der Schützenstraße befand sich ein kleiner Anbau, älteren Namslauern noch unter dem Namen "Toste-Haus" bekannt (nach einem früher dort wohnenden Seilermeister benannt), welcher halb den Eingang zu dem "Toste Gäßchen" sperrte. Ursprünglich stand das Häuschen unmittelbar am Krakauer Tor und war die Behausung des städtischen Zollerhebers. Es mußte indessen, als im vorigen Jahrhundert die Frachtwagen, die namentlich Wolle von Osten herbrachten, immer größer wurden, zurückgesetzt werden Ebenso wie der Verkehr damals seine Forderungen stellte, verlangt er auch heute mehr Raum. Der seit 1918 sich sprunghaft entwickelnde Kraftwagenverkehr machte das Krakauer Tor zu einem Gefahrenpunkt, den die Behörden nicht länger bestehen lassen konnten. Es wurde im Jahre 1931 unter dem Hauptgebäude des Hotels Grimm hindurch eine zweite Fahrbahn geschaffen.

     Seit 1868 hat die Schützengilde ihr, Heim draußen im Stadtpark, das Schießhaus. Jahraus, jahrein knallen dort im Sommer die Büchsen. Herrlich gelegen bietet es zugleich für viele Einwohner das Ziel der sonntäglichen Spaziergänge Vor Jahren wurde ein neuer Schießstand mit 10 Ständen ausgebaut, wobei auch im Gebäude wesentliche Verbesserungen und Ergänzungen vorgenommen wurden, die der Schützengilde viel Geld kosteten. Und nun hat gerade die 500-Jahrfeier dazu beigetragen, der Umgebung des Schießhauses im Stadtpark ein ganz neues Gepräge zu geben. Die Stadtverwaltung unter Führung unseres derzeitigen rührigen Bürgermeister Dr Lober hat eine größere Gastststätte im Schwarzwälderstill geschaffen, die Anschluß an das Schießhaus hat und so gemeinsam eine Zierde unseres Stadtparkes sein wird zur Freude unserer Schützenbrüder und der gesamten Einwohnerschaft.