Der Sportverein Blau-Gelb Noldau

Bericht über Entstehung, Gründung und Entwicklung von Walter Czech


Bevor ich über den Sportverein Blau-Gelb Noldau berichte, möchte ich kurz mein Heimatdorf Noldau beschreiben.
Noldau war das östlichste Dorf im Kreis Namslau und hatte 580 Einwohner. Groß-Bäckerei mit Mühle (Besitzer Familie Fuhrmann), vier Gastwirtschaften - davon zwei mit je einem großen Saal. In Noldau praktizierte ein Zahnarzt und eine weit über die Kreisgrenze hinaus bekannte Ärztin, Frau Dr. Stief.
Aber was Noldau in den dreißiger Jahren außerdem im Kreis Namslau bekannt gemacht hatte, das war der Sportverein Blau-Gelb Noldau, über den ich hier einen Abriß geben möchte.
Das Fußballspiel war nach dem ersten Weltkrieg Noldau und Umgebung noch unbekannt.
Gelernt hat es die Noldauer Jugend erst von den englischen Soldaten, die bei der Abstimmung im Jahre 1921 in Noldau stationiert waren. Ihr Trainigsplatz war der Schulhof der katholischen Volksschule. Zuerst schauten die Noldauer Jungen interessiert zu, wenn die Engländer spielten, dann spielten sie selber gelegentlich mit. Als die Engländer aus Noldau abzogen, war das Spiel mit dem Fußball zur schönsten Freizeitbeschäftigung der Noldauer Jugend geworden.
Im Interesse eines geordneten Spielbetriebs wurde 1925 der Sportclub Blau-Gelb Noldau gegründet. Erster Vorsitzender war der unvergessene Erich Janke, der Sohn des Gastwirts Janke.
Als Übungsplatz für den neu gegründeten Verein stellte der Graf von Saurma eine große Wiese am Waldrand kostenlos zur Verfügung. Diese Wiese wurde von den Sportlern In der Freizeit und in Eigenarbeit zu einem Sportplatz umgewandelt.
Einer der besten Fußballspieler weit und breit war der Fleischerlehrling Josef Koska, der bei meinem Vater, dem Fleischermeister Josef Czech, beschäftigt war. Josef nahm mich zu jedem Auswärtsspiel mit, als ich 10/11 Jahre alt war.
Zu Auswärtsspielen fuhr die Mannschaft entweder mit der Elsenbahn oder mit Fuhrmanns Leiterwagen, der mit Birkengrün und blau-gelben Fähnchen geschmückt war. Die Noldauer Fußballer spielten nicht nur gut, sie konnten beim fröhlichen Beisammensein nach dem Spiel auch schöne Fußballlieder singen. In der Mannschaft herrschte eine gute Kameradschaft, und die Worte "Elf Freunde wollen wir sein" fanden hier volle Bestätigung. Deshalb blieben die Erfolge auch nicht aus.
In den Jahren 1930 und 1932 wurde Moldau Gaumeister. Wie die damaligen Fußballgaue eingeteilt waren, kann ich heute nicht mehr mit Bestimmtheit sagen. Aber so viel ist mir in Erinnerung, daß die östlichsten Gegner Pitschen und Kreuzburg waren. In westlicher Richtung ging es bis Bohrau (eine Station hinter Oels). Zu unseren stärksten Konkurrenten zählten Konstadt, Namslau und Bernstadt.
Das Finale um die Gaumeisterschaft gegen Bernstadt ist mir noch gut in Erinnerung. Das Spiel mußte auf einem neutralen Platz ausgetragen werden, und so fand es in Namslau statt, an einem Sonntag im März.
Ausgerechnet an diesem Sonntag schneite es in dicken Flocken erbarmungslos auf Spieler und Zuschauer herab. Aber trotz der ungünstigen Wetterlage war alles, was Beine hatte, von Noldau nach Namslau unterwegs, entweder mit dem Fahrrad oder mit der Eisenbahn. Die Fahrkarte kostete damals von Noldau nach Namslau 60 Pfennige.
Nach vielen Rücksprachen mit noch lebenden ehemaligen Spielern aus Noldau kann ich die Aufstellung der Mannschaft wiedergeben, die im Jahre 1932 das Endspiel bestritt.
Es spielten:
Tor: Feja H.
Verteidiger: Sura A., Piontek A. Läufer: Jäschke M., Niwa H., Lerche R. Stürmer: Lauffer M,, Koska J., Czeplick, Lorenz K., Hörn K. Ersatzspieler: Piontek F., Lachmann J., Fuhrmann M., Fuhrmann H,, Fuhrmann E.
Folgende Spieler waren keine Noldauer: Lauffer und Lachmann
aus Namslau, Hörn aus Strehlitz, Czeplick aus Sophienthal.
Das Spiel an diesem Sonntag Im März 1932 endete mit 9:0 für Noldau und zählt zu meinen schönsten Jugenderinnerungen,
Torschützenkönig wurde mit fünf erzielten Treffern unser Junger Fleischergeselle Kostka J. Die anderen vier Treffer schoß der Bäckergeselle Czeplick, der bei der Bäckerei Fuhrmann beschäftigt war Moldau stellte bis 1933 vier Mannschaften: 1, Mannschaft, 2. Mannschaft oder Reserve, eine Jugendmannschaft und eine Knabenmannschaft. Bei 580 Einwohnern eine beachtliche Leistung!
Die "gute Seele" des Vereins - heute nennt man sie "Sponsor" -war die Familie Fuhrmann, der die Bäckerei und Mühle gehörten. Die Hälfte der ersten Mannschaft war in Bäckerei und Mühle beschäftigt, und die drei Fuhrmann-Söhne spielten selbst aktiv mit. Als Trainingsplatz stellte Fuhrmann die große Koppel hinter der Mühle zur Verfügung, und bei Auswärtsspielen überließ er der Mannschaft Pferde und Leiterwagen. Nach den Spielen spendierte er Essen und Freibier. Alle Noldauer sollten der Familie Fuhrmann heute noch dankbar sein für das, was sie damals für den Noldauer Sportverein getan hat.
Nach 1933 brachte der Dienst bei SA, HJ und In der Wehrmacht den Spielbetrieb zum Erliegen.
Über die kleine, aber erfolgreiche Leichtathletik-Abteilung Im Noldauer Sportverein werde Ich demnächst berichten.
Der vorliegende Bericht wurde mit freundlicher Unterstützung folgender Sportkameraden aus Noldau gefertigt: Thienel Konrad, Kursawe Gerhard, Märlender Erich, Koska Josef, Niwa Hans.

Quelle: NAMSLAUER HEIMATRUF 108/1986