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Hilfen für die Heimat - Besuche in der Heimat
Von Karl-Ernst Lober - Berthold Blomeyer
Spendenaufkommen für die Weihnachtsaktion "Namslauer
helfen Namslauern" (2006 - 2010)
Der Kreis Namslau - heute
Mit dem 1. Januar 1999 hat Polen die vor langer Zeit abgeschaffte Gliederung des Landes
in Kreise und kreisfreie Städte wieder eingeführt. So ist auch der erweiterte
Kreis Namslau neu entstanden. Doch es gibt gegenüber unserer Zeit erhebliche Veränderungen.
Das Kreisgebiet wurde von Niederschlesien nach Oberschlesien "versetzt" und
gehört heute zur Wojewodschaft Oppeln. Im Zuge der Gebietsreform wurde der Kreis
nach Süden um den Verwaltungsbereich Bad Carlsruhe erweitert. An der Westgrenze
des Kreises waren schon früher einige Dörfer des Kreises Oels dem Kreis Namslau
zugeordnet worden. Während in den Gebäuden der deutschen Kreisverwaltung
in der Langestraße heute die Stadtverwaltung residiert, ist die Kreisverwaltung
an der früheren Brieger Straße zwischen Landbund und dem Bahngelände
untergebracht.
Das soziale Engagement
Bereits der Nummer 2 des "Namslauer Heimatrufs" von März 1957 ist zu
entnehmen, dass sich unser Patenkreis schon zu diesem frühen Termin der Hilfe
für unsere älteren Mitbürger aus Kreis und Stadt Namslau angenommen
hat. Sie erhielten einen persönlichen Weihnachtsgruß, und jene, die ein
grausames Schicksal damals in die SBZ verschlagen hatte, wurden mit einem Weihnachtspaket
bedacht. Diese, dann von uns mit finanzieller Unterstützung des Kreises Namslau
weitergeführte Aktion blieb bis zur Wende bestehen. Sie sorgte bei den Empfängern
für Freude und hielt die Verbindung auch über Grenzen aufrecht. Eine große
Hilfe leistete die CDU unseres Patenkreises im Jahr 1982. Aus einer Spendensammlung
wurde dem Verein ein namhafter Betrag für eine Weihnachtshilfe in die Heimat zur
Verfügung gestellt. Dann gab es noch weitere Sachspenden, die unser Landsmann
Christian von Loesch organisierte. Am 16. Dezember 1982 startete ein 7,5 Tonner mit
Hilfsgütern in den Kreis Namslau, um den rund 400 noch in der Heimat einschließlich
dem Reichthaler Ländchen lebenden Deutschen eine Weihnachtsfreude zu bringen.
Manfred Klisch, der damals mit von der Partie war, berichtete von dieser Fahrt:"Frau
P. hat sich am meisten gefreut, denn sie ist arm und hat von hier (d.h. von Polen)
als Deutsche keine Hilfe zu erwarten. In Noldau war Frau K. besonders dankbar, der
wir neben Lebensmitteln dringend notwendige Kleider für sich selbst und ihre acht
Kinder und Enkelkinder geben konnte. Es würde zu weit führen, wenn ich über
alle Familien berichten würde, die ich besucht habe. Meist war die Zeit viel zu
kurz, um lange Unterhaltungen zu führen, aber für viele war es das erste
Gespräch mit Landsleuten aus dem Westen nach 37 Jahren der Trennung." Diese
Darstellung hat auch heute noch Gültigkeit. Auch in den folgenden Jahren konnten
die Weihnachtshilfen in die Heimat - wenn auch in reduziertem Rahmen - fortgesetzt
werden.
Hilfen in größerem Rahmen
Mit der politischen Wende in Polen wurden die Möglichkeiten für Hilfen in
die Heimat durch bessere Zoll- und Einreisebedingungen erleichtert und seit dem Weihnachtsfest
1990 ist der Verein nun schon 14 Jahre auf diesem Gebiet sehr aktiv.
In den ersten Jahren fuhren wir mit rund 450 Paketen jeweils zum 2. oder 3. Advent
in die Heimat. Diese Pakete enthielten Lebensmittel und weihnachtliche Backzutaten,
Bekleidung, Spielzeug und Bücher. Für jedes der Pakete musste eine Zollinhaltserklärung
mit der persönlichen Anschrift des Empfängers und des Absenders geschrieben
werden. Die zentrale, in der diese Arbeiten ausgeführt wurden, war im Werkraum
und in Nebenräumen der Schule Fahrdorf untergebracht. Bald halfen uns auch die
Kinder dieser Grundschule sowie Schülerinnen und Schüler anderer Schulen
bei der, Beschaffung von Spielsachen, Büchern und Bekleidung. Geldspenden unserer
Vereinsmitglieder und Eigenmittel des Vereins sowie ein Zuschuss des Patenkreises erbrachten
die erforderlichen Geldmittel. Mitglieder und Freunde stellten ihre Pkws als Zugmaschinen
zur Verfügung und die erforderlichen Hänger konnten wir mieten. 1992 durften
wir sogar ein Katastrophenschutz-Fahrzeug der Kreisverwaltung SchleswigFlensburg nutzen.
Erstmalig gab es in diesem Jahr nach intensiven Bemühungen auch einen Zuschuss
aus Bundesmitteln in Höhe von 9.800,00 DM, den wir über den Hilfsring e.V.
erhielten. In besonders schlechter Erinnerung ist allen Beteiligten die Hilfsfahrt
1994, die beinahe gescheitert wäre. Unser Transport, bestehend aus zwei Jeeps
nebst Anhängern und einem VW-Bus, wurde am Grenzübergang Forst ohne sachliche
Begründung vom polnischen Zoll die Einreise verweigert. Ein zweiter Versuch am
Grenzübergang Guben, den wir auf Anraten deutscher Zöllner starteten, schlug
ebenfalls fehl. Nach diesem erneuten Misserfolg traten wir - völlig frustriert
- die Rückfahrt nach Fahrdorf an (Einzelheiten sind dem Heimatruf Nr. 144 vom
März 1995 zu entnehmen). Nun wurde ganz schnell ein Kieler Unternehmer organisiert,
der unsere Papiere mit seinem Stempel versah, 4.500,00 DM kassierte und dafür
sorgte, dass die Weihnachtspakete noch am 23. Dezember im Kreis Namslau landeten. Ein
Versand mit der Deutschen Post AG hätte einen Betrag von rd. 14.000,00 DM erfordert.
Hilfsfahrten in veränderter Form
Nach diesen negativen Erfahrungen, die so gar nicht dem Inhalt des "Vertrages
zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über gute Nachbarschaft
und freundliche Zusammenarbeit" vom 17.06.1991 entsprachen, führten wir die
Hilfsfahrten in anderer Form durch. Es wurden nur noch Kinderpakete gepackt, da die
Schulen weiterhin Sachspenden sammelten und ein Paket für Kinder eine größere
Weihnachtsfreude ist, als ein Geldschein in Elternhand. Die Erwachsenen bekamen ein
- nach Anzahl der Personen im Haushalt gestaffeltes - Weihnachtsgeld zwischen 40,00
und 60,00 DM bzw. 20,00 und 30,00 EURO. Erstmals zu Weihnachten 2003 mussten wir eine
Reduzierung um jeweils 5,00 EURO vornehmen, weil der Spendeneingang in den Vorjahren
leider nicht unseren Hoffnungen entsprach und wir seit 2000 einen völligen Fortfall
der Bundesmittel zu verzeichnen hatten. Der gegenwärtig gute Kurs des EURO hat
Weihnachten 2003 aber nur zu einer geringen Minderung des Kaufwerts des Weihnachtsgeldes
geführt. In den letzten Jahren wurde auch ein Betrag für die Kinderweihnachtsfeier
des DFK der Gemeinde Carlsruhe bereitgestellt, nachdem diese Gemeinde dem Kreis Namslau
angegliedert wurde.

Weiter Hilfen für den DFK und seine Mitglieder
Im Bewilligungsbescheid des Bundes für das Jahr 1995 war ein Passus enthalten,
der besagte, dass diese Gelder nur in Zusammenarbeit mit der Vertretung der Deutschen
in der Heimat vergeben werden dürfen. Da sich im Gegensatz zu der Situation in
den Oppelner Gebieten im Kreis Namslau einschließlich des Reichthaler Ländchens
nur eine geringe Zahl von Deutschen befand, hatten diese - auch in Erinnerung an die
Zeit von' 1945'bis 1990 - noch nicht den Mut besessen, einen Deutschen Freundschaftskreis
'(DFK) zu gründen. Im Weihnachtsbrief 1995 haben wir unsere Landsleute in der
Heimat auf diese Situation hingewiesen und so konnte 1996 der örtliche DFK mit
zunächst 305 Mitgliedern gegründet werden. Die Namslauer Heimatfreunde unterstützen
diesen DFK seit der Gründung ideell und finanziell. Er kann im ganzen Bereich
Oppeln den höchsten Prozentsatz an beitragszahlenden Mitgliedern vorweisen und
hat bei seinen Veranstaltungen daher auch hochrangige Führungskräfte der
deutschen Volksgruppe zu Gast. Seit einigen Jahren erhalten Mitgliedsfamilien, in denen
die Konfirmation oder Kommunion gefeiert wird, eine kleine finanzielle Hilfe. Zunächst
in Zusammenarbeit mit dem DRK - Apotheke Nord in Hannover und nach Wegfall der dafür
bereitgestellten Bundesmittel mit Unterstützung verschiedener Arztpraxen wurden
und werden benötigte Medikamente und andere medizinische Hilfen beschafft. Außerdem
konnten wir in besonderen sozialen Notlagen aus Sonderspenden noch weitere gezielte
Hilfe leisten.
Dank der Unterstützung durch die Namslauer Heimatfreude ist der DFK Namslau
eine gute Gemeinschaft geworden. Wahrscheinlich in diesem Jahr wollen wir auch mit
Unterstützung der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM)
einen deutschen Sprachkursus in Namslau durchführen.
Andere Hilfen in die Heimat
Schon bei der ersten Weihnachtsfahrt hatten wir für die evangelische Kirche in
Carlsruhe einen großen Kopierer an Bord, der auch vom dortigen DFK und der Schule
für den Deutschunterricht genutzt wurde. Die nächste größere Hilfe
galt dem Namslauer Krankenhaus, das seit der Wiedereinführung der Kreise den Status
eines Kreiskrankenhauses hat. Mit Unterstützung der Bundeswehr, einer Euskirchener
Firma und dem dortigen DRK konnten wir im Sommer 1997 einen 4-Tonnen LKW mit medizinischem
Gerät, Medikamenten, Wolldecken und Kinderpaketen in Marsch setzen. Zunächst
mussten wir in einem aufwendigen Verfahren die Zollformalitäten erledigen. Höhepunkt
dieses Verfahrens war die Tatsache, dass der polnische Zoll in Namslau (eigene Zollstation
wegen Schöllers Eisfabrik) dreimal die Abstempelung der vom Bürgermeister
und dem Chefarzt vorgelegten Zollpapiere verweigerte. Erst nach einem persönlichen
Besuch (mit Dolmetscher) beim Zoll in Namslau und dem Hinweis, dass der Bundesaußenminister
und der Bundesverteidigungsminister von uns wissen wollen, warum dieser Transport -
an dem beide Ministerien beteiligt waren - nicht klappt, und eine Nachfrage in Brüssel
ins Gespräch gebracht wurde, geschah ein kleines Wunder. Nach einem kurzen Telefongespräch
mit einer vorgesetzten Dienststelle erklärte uns der diensthabende Zollbeamte:
"Das Krankenhaus kann seine Papiere morgen abholen." Das Namslauer Krankenhaus
erhielt weiter Krankenbetten und Medikamente, auch Gemeinschaftspraxen in Noldau und
Schwirz wurden bedacht. Kindergärten und Schulen bekamen Möbel, Landkarten
und Kinderbücher. Die evangelische Kirche in Carlsruhe und die katholische Kirche
in Namslau erhielten größere Geldbeträge für die bauliche Unterhaltung.
Im vergangenen Jahr konnten Schulen' im Kreis Namslau aus Sonderspenden von Mitgliedern
und Freunden insgesamt 54 deutsch-polnische Wörterbücher für den Deutschunterricht
erhalten. Diese und andere Maßnahmen haben dazu geführt, dass die Namslauer
Heimatfreunde in der Heimat einen guten Ruf besitzen und der dortige DFK in vielen
Fällen von den Polen als Partner akzeptiert wird.
Besondere Maßnahmen
Um die lange deutsche Geschichte des Kreises Namslau auch in das Bewusstsein der heutigen
Bewohner zu rufen, haben die Namslauer Heimatfreunde auch hier gute Arbeit geleistet.
So wurde im Jahr 1997 nach längerer Vorbereitung ein Denkmal eingeweiht, dass
am Standort der von den Polen zunächst als Lagerhaus genutzten und später
abgerissenen Ev. Andreas-Kirche auf diese hinweist. Die Schrifttafeln sind sowohl in
deutscher als auch in polnischer - und auf Wunsch der Polen - auch in englischer Sprache
gestaltet. Bei der 750-JahrFeier der Stadt haben wir in Namslau eine Ausstellung gezeigt,
die die 700 Jahre deutscher Geschichte der Stadt zum Inhalt hatte. Durch unsere Aktivität
wurde im Rahmen der Feiern in der Kirche Peter und Paul ein deutsch-polnischer ökumenischer
Gottesdienst gehalten. Höhepunkt in diesem Bereich war die Wiederaufstellung des
Denkmals für die gefallenen Soldaten der Gemeinden Buchelsdorf und Haugendorf
am 24. Mai 2003 am alten Standort in Buchelsdorf. Ein weiteres Projekt befindet sich
in Planung. Es gilt den sterblichen Überresten des Reitergenerals Friedrich Wilhelm
von Seydlitz, der in Seylitzruh/Kreis Namslau seine letzte Ruhe gefunden hatte und
dessen Gebeine von den Polen verscharrt wurden.

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Besuchsfahrten in die Heimat
Schon seit Jahrzehnten sind einzelne Kreisbewohner immer wieder zu Besuchen in die
Heimat gefahren und haben sowohl mit unseren Landsleuten als auch mit ihnen bekannten
Polen Kontakt gepflegt. Im Jahr 1990 führte der Verein seine erste offizielle
Busfahrt in die Heimat durch. Organisator war der damalige Vorsitzende Walter Maschler.
Die Unterbringung der Reisegruppe erfolgte noch in Kreuzburg, da in Namslau eine ausreichende
Zahl von Hotelbetten nicht zur Verfügung stand. Durch persönliche Kontakte
gelang es uns später, auch das firmeneigene Hotel in Noldau mit belegen zu können.
So hatten wir 1992 und 1994 Quartier in Namslau und Noldau. Im Jahr 1994 erhielten
wir Kenntnis vom Hotelausbau von Josef Bittner in Carlsruhe. Das Haus war für
damalige polnische Verhältnisse sehr modern und 1995 wurde dieses Haus unser Stammquartier,
zunächst noch bis 1999 zusammen mit dem 18-Betten-Haus in Noldau. Im Jahr 2000
hatte "Josef` sein Hotel aufgestockt und seit 2001 können wir nun unsere
Reisegruppe geschlossen in seinem Hotel unterbringen. Für die Leiter der Fahrt
brachte diese Lösung eine erhebliche Verbesserung. Unsere Busfahrten, die jeweils
8 Tage dauern, hatten immer inhaltsreiche Programme. So gab es Fahrten durch das Kreisgebiet,
Besichtigungen der Brauerei und der Eisfabrik Schöller, Besuche in Schulen, im
Namslauer Museum im Schloss, Fahrten in Städte der Umgebung, Besichtigungen und
Empfänge bei Stadt und Kreis und natürlich auch genügend Zeit, um die
jeweiligen Heimatorte der Teilnehmer aufzusuchen. Bei allen Fahrten war fester Bestandteil
das Treffen mit unseren in der Heimat verbliebenen Landsleuten. Diese Treffen wurden
an verschiedenen Orten und in verschiedenen' Sälen durchgeführt. Sie bildeten
immer einen Höhepunkt unserer Fahrten. In den letzten Jahren war ein GrillAbend
mit Gästen aus der Heimat auf der Hotel-Terrasse der gelungene Abschluss der Heimatfahrten.
Im Jahr 2003 konnten wir auch im Kulturhaus in Namslau an der diesjährigen Muttertagsfeier
des DFK teilnehmen. Das war - auch wegen der gelungenen Darbietungen von Tanzgruppen
der Schule III aus Namslau - ein besonders beeindruckendes Erlebnis. In diesen Tagen
sind auch die Vorbereitungen für die Busfahrt 2004 angelaufen. Unsere Landsleute
in der Heimat warten schon sehr auf unseren nächsten Besuch.

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