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50 jähriges Bestehen der Patenschaft des Kreises Euskirchen über den Kreis Namslau - eine Chronologie von Christa Ulke |
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"Der Landkreis Euskirchen hat durch
einstimmigen Beschluss seines Kreistages vom 22. März 1955 die Patenschaft über
den Landkreis Namslau übernommen. Der Kreis Euskirchen soll damit eine neue geistige
Heimat für die aus ihren angestammten Landen Vertriebenen werden. Im Fenster des
Kreistagssitzungssaales wird das Wappen des Kreises Namslau auch in späterer Zeit
an diese Patenschaft erinnern. Wir hoffen aber, dass die Fahne des Kreises Namslau
und diese Urkunde bald einmal ihren Platz im Sitzungssaal des Kreishauses Namslau in
der alten Heimat haben werden. |
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Eine kunstvoll gestaltete Urkunde mit obigem Wortlaut übergab Landrat Metzler am 3. November 1955 in einer feierlichen Kreistagssitzung an Dr. Heinrich, den letzten Landrat des Kreises Namslau. Sie hat ihren Platz in der "Namslauer Stube" im Kreishaus Euskirchen. |
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Die Vorgeschichte dieser Partnerschaft beginnt mit dem Jahr 1945. Die Bewohner der deutschen Ostgebiete werden nach dem verlorenen zweiten Weltkrieg aus ihrer Heimat vertrieben: Millionen Menschen aus Pommern, Ost- und Westpreußen, Sudetenland, Siebenbürgen und auch Schlesier verlieren nicht nur ihr Hab und Gut, sie verlieren ihre Familie, ihre Freunde und Nachbarn. Geschichte des Kreises Namslau bis 1945 Im 14. Jahrhundert entstehen auf Befehl Karls IV. die
Stadtmauer, das Schloss und das Rathaus. 1422 bestä - tigt Kaiser Sigismund der
Stadt ihre Rechte auf Privilegien, dazu gehört das Braurecht ,ab 1431 auch das
Münzrecht. 1434 Gründung der heute noch lebendigen Schützengilde. 1741
wird Namslau Kreisstadt und ab 1810 Garnisonsstadt des 2. Schlesischen Ulanenregiments.
1868 hält der erste Zug der Strecke Breslau - Kreuzburg im Bahnhof Namslau. 1921
muss aufgrund des Versailler Vertrages ein Zehntel des Kreisgebietes, das "Reichthaler
Ländchen", an Polen abgetreten werden. Namslau wird dadurch östlicher
und kleinster Grenzkreis. Den Kreis bewohnen 1939 etwa 30 000 Einwohner, davon ca.
8000 in Namslau. Viehwirtschaft, Handwerk, Brauwesen und landwirtschaftliche Industrie
bilden die Struktur der Wirtschaft auch in den 46 Landgemeinden. Der Winter 1944/45
konfrontierte die Bevölkerung Namslaus mit den ersten Fliegerangriffen. Bomben
fielen, Angst und Ungewissheit nahmen zu. Am bitterkalten 19. Januar 1945 wurde die
totale Räumung des schlesischen Kreises |
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Beginn der Patenschaft Am 19. Mai 1956 kommen in Euskirchen etwa 700
Bewohner des Kreises Namslau zum ersten Heimattreffen und zur Gründung des Vereins
"Namslauer Heimatfreunde e.V." zusammen. Erster Vorsitzender wird Oberregierungsrat
Hans Dussa. Peter Baron aus Namslau organisiert als Leiter des "Patenschaftsamtes"
die ersten vier Treffen mit Freude und Erfolg, unterstützt von der Bereitschaft
der Verwaltung, d.h. vielen Helfern. Der "Namslauer Heimatruf erscheint erstmalig.
Bis heute erhält jedes Mitglied des Vereins vierteljährlich dieses "Mitteilungsblatt
der Bundesheimatgruppe des Kreises Das vierte Heimattreffen 1962 versammelt die Namslauer in der Schützenhalle an der Erft und verläuft "nach Tradition": Herzlicher Empfang, Mitgliederversammlung, Heimatabend, Dia- oder Filmvorführung, Kranzniederlegungam Mahnmal mit Ansprache des Landrats und das Schützenfest. Der Präsident der Euskirchener Schützen, Herr Wagner, ehrt den Namslauer Schützenkönig . Zum fünften Treffen 1964 begrüßt Landrat Rudi Blaß wieder eine große Gruppe Namslauer Kreisbewohner an den Pfingsttagen. Der plötzliche Tod von Peter Baron im September 1962 bestürzt die Heimatfreunde. Sein Nachfolger im Patenschaftsamt wird für 16 Jahre der unermüdliche Organisator Paul Schmitz. Er führt die Namslauer Heimatkartei mit 15 000 Anschriften. Das Bundesverdienst- kreuz und die silberne Ehrennadel des Bundes der Vertriebenen werden ihm verliehen. Aus Anlass einer Jahresveranstaltung im Januar 1965, überreicht der Vorsitzende der Namslauer Heimatfreunde, Hans Dussa, der St.-Sebastianus-Schützenbruderschaft in Euskir- chen ein Fahnenband mit gestickter Inschrift und den Wappen beider Städte zum Zeichen des Dalikes und der Verbundenheit. Beim sechsten Treffen 1966 wird der erste Band des Buches "NAMSLAU" an OKD Dr. Verbeek überreicht. Günther Kelbel, zweiter Vor- sitzender der Namslauer Heimatfreunde und Autor, hat es mit Hilfe von Hans Dussa, Albrecht Haselbach und Herrn Kittner erarbeitet. Es enthält Beiträge zur Geschichte der Stadt Namslau, urkundliche Schriftstücke, Ortspläne und schlesisches Kulturgut. Großer Dank gebührt dem Kreis Euskirchen für die finanzielle Unterstützung. 1968, das siebte Pfingsttreffen, 500 Teilnehmer reisen an. Am Grab von Dr. Verbeek legen die Namslauer einen Kranz nieder. Das Treffen und die Ausstellung "Namslau und der deutsche Osten" werden in die 150-Jahr-Feier des Kreises Euskirchen einbezogen. Landrat Rudi Blaß und Bürgermeister Jakob Kleinertz begrüßen die Paten aus Namslau. Das achte Große Heimattreffen im September 1970 versammelt die Teilnehmer in Bad Münstereifel, weil nicht ausreichend Quartiere in Euskirchen zur Verfügung stehen. Im Burgsaal finden alle Begegnungen statt, selbst das Schützenfest. 1972, neuntes Großes Heimattreffen, wieder in Bad Münstereifel. Die Namslauer Heimatfreunde trauern um ihren ersten VorsitzendenHans Dussa. Fast 500 Teilnehmer erleben neueste Bilder aus dem jetzt polnischen "Namyslöw" beim traditionellen Lichtbildervortrag mit Arthur Kalkbrenner. Die Münstereifeler Schützen und die Euskirchener St.-Sebastianus-Schützen sind mit ihrem Präsidenten Herrn Wagner Teilnehmer des Schützenfestes. Zahlreiche Namslauer besuchen zum Abschluß des Treffens den nördlichen Kreis Euskirchen und Kloster Steinfeld. Zehntes Großes Heimattreffen, Pfingsten 1974
in Euskirchen. Wie immer werden die Angereisten
in den Räumen der Kreissparkasse empfangen. Günther Kelbel ist jetzt 1. Vorsitzender
der Namslauer Heimatfreunde. Walter Maschler organisiert den Ablauf des Festes und
erstellt eine Festschrift. Im Haus der St.Sebastianus-Schützen fühlen sich
die 500 Namslauer wohl. Im Jahr 1975,
am 10. Oktober, findet im neuerbauten Kreishaus am Jülicher Ring eine Festsitzung
des Kreistages statt. Anlass ist das 20jährige Bestehen der Patenschaft mit dem
Kreis Namslau und die Eröffnung der "Namslauer Heimatstube" im Kreishaus.
In seiner Rede würdigt der Vorsitzende der Namslauer Heimatfreunde Günter
Kelbel die Bereitschaft des Kreises Euskirchen, die Patenschaft mit Leben zu erfüllen,
die Heimattreffen zu organisieren, die Heimatkartei zu führen, die Weihnachtsaktionen
zu unterstützen, große Ausstellungen mit Kulturgut zu versehen, Urkunden
zu erstehen, ein Mahnmal zu errichten und vieles mehr. Er dankt für die finanzielle
Unterstützung. Eine neue Patenschaftsurkunde wird unterzeichnet. Sie hängt
in der Namslauer Heimatstube. Ihr Text lautet: Zum elften Großen Heimattreffen 1976 begrüßt OKD Dr. Karl-Heinz Decker die Namslauer im neuen Kreishaus am Jülicher Ring. 1978, zwölftes Treffen in Euskirchen. Die Namslauer feiern das 700jährige Bestehen ihrer Stadt. Im Euskirchener Stadttheater hält Dr. Herbert Hupka, MdB, die Festrede. Der große Gedenkstein wird vor dem neuen Kreishaus symbolisch in Namslauer Erde gesetzt. Er mahnt weiterhin NAMSLAU SCHLESIEN UNVERGESSEN. Jedes Jahr am 1. November treffen sich Namslauer dort, um der Toten in der Heimat und fern der Heimat zu gedenken. Der Ausflug zur St.-Laurentius-Schützengilde in Marmagen bildet den fröhlichen, unvergessenen Abschluss der Pfingsttage. Das 13. Treffen 1980 wird zu Recht als "Großes Heimattreffen" bezeichnet, weil sich 700 Namslauer einfinden. Ein Zeichen, dass man sich in Euskirchen wohl fühlt und die traditionellen Veranstaltungen geschätzt werden. 1982, 14. Großes Heimattreffen. Die Euskirchener Schützenbruderschaft nimmt die Namslauer in ihrem Schützenhaus auf. Über 600 Heimatfreunde werden von den Schützen und ihren Damen wieder umsorgt und verwöhnt. Der stellvertretende Landrat Peter Milz spricht in seiner Rede am Mahnmal von der Sorge der Namslauer um die in der Heimat verbliebenen Deutschen. Die CDU des Kreises Euskirchen hilft mit dem Erlös einer Spendensammlung. Zwei mutige Landsleute machen sich vor Weihnachten mit einem Lastwagen auf den Weg zu 400 in großer Not lebenden Kreisbewohnern. Lebensmittel und Kleidung bringen große Freude. Der erste Kontakt mit Namslauern aus dem Westen, seit 37 Jahren, überwältigt die Beschenkten. Der Reisebericht spornt Spender und Heimatfreunde an zu einer weiteren Fahrt nach Schlesien im November 1983. Das 15. Heimattreffen, 1984, hat zwei Höhepunkte.
Die Namslauer Privilegierte Schützengilde von 1434 feiert ihr 550jähriges
Bestehen mit allen Angereisten und mit ihren Freunden, den Euskirchener St.-Sebastianus-Schützen.
Zwei Namslauer, Ulrich Sroka und Ewald Bininda, überreichen OKD Dr. Decker ein
Dia-Archiv mit 3000 Dias, Aufnahmen aus der schlesischen Heimat, von ihnen erfasst
und katalogisiert. Diese Sammlung ist heute im Medienzentrum Kall untergebracht. 1986, das 16. Große Heimattreffen. In ihren Festansprachen zum Thema "30 Jahre Patenschaft des Kreises Euskirchen über den Kreis Namslau" gedenken Landrat Linden, Dr. Decker und Günter Kelbel der Gründer der Patenschaft und drücken ihre herzliche Verbundenheit aus. In diesem Jahr lernen die Heimatfreunde das "Haus Schlesien" in Heisterbacherrott kennen. Die Busfahrt führt zu diesem Museum für schlesische Heimatkunde, Begegnungsstätte und Bibliothek. Der 1. Vorsitzende Günter Kelbel bringt sein Buch "NAMSLAU - Eine deutsche Stadt im deutschen Osten", Band II, heraus. Es beschreibt u.a. ausführlich die Kreispatenschaft. Beim 17. Heimattreffen, 1988, tritt Günter Kelbel, der 1. Vorsitzende, von seinem Amt zurück. Sein Nachfolger wird der 2. Vorsitzende Walter Maschler. In seiner Festansprache ermuntert er die Namslauer Heimatfreunde zum Zusammenhalt im Interesse der Patenschaft. Das 18. Heimattreffen, 1990, vereint 800 Namslauer in Euskirchen. Erstmals nach Öffnung der Grenze zur DDR, trifft man nach 45 Jahren Freunde aus den neuen Bundesländern! Erneut gibt es einen Wechsel im Vorstand. Als Nachfolger des 1. Vorsitzenden Walter Maschler wird Karl-Ernst Lober gewählt. Die Busfahrt führt zum Haus Schlesien. Dort lockt das gemütliche "Namslauer Braustübel" in Erinnerung an die bekannte Namslauer Brauerei Haselbach. 1992, zum 19. Großen Heimattreffen, kommen
außer den zahlreichen Mitgliedern auch etwa 50 der noch in der Heimat lebenden
Landsleute. Als Tagungsort ist das Bürgerhaus in Euskirchen gut ausgewählt,
denn viele traditionelle Veranstaltungen der Pfingsttage finden dort statt. Dr. Decker
begrüßt herzlich die Namslauer im Kreishaus, Bundestagsabgeordneter Dr.
Wolf Bauer und Karl-Ernst Lober sprechen am Mahnmal. Die Presse berichtet ausführlich. Das 20. Große Heimattreffen, 1994. Im Bürgerhaus
der Stadt Euskirchen treffen sich über 500 in Deutschland und in Polen lebende
Heimatfreunde und Vertreter unseres Patenkreises. "Schlesien bleibt für uns
ein Auftrag," betont Festredner Ortwin Lowack, Präsident der schlesischen
Landesversamm- lung. Eine bemerkenswerte Postkarten- und Fotoausstellung über
unseren Heimatkreis, die traditio- nellen Film- und Diavorführungen und die Wiedersehensfreude
füllen die festlichen Tage. "50 Jahre nach Flucht und Vertreibung" -
unter diesem Thema hat Karl-Ernst Lober 1995 mit Dokumenten und bedrückenden
Fotos eine umfassende Ausstellung zusammengestellt. Anlässlich einer Feierstunde
im Foyer des Kreishauses Euskirchen wird sie eröffnet. Viele Heimatfreunde finden
sich ein, um mit Herrn Landrat Rosenke 40 Jahre Patenschaft zu würdigen. Im "Haus
Schlesien" wird 1996 die o.g. bemer- kenswerte Ausstellung im Frühjahr
gezeigt, ebenso im Bürgerhaus Euskirchen, unserem Veranstaltungsort beim 21.
Namslauer Heimattreffen. 50 Landsleute aus Polen sind angereist, mit ihnen Bürgermeister
Maciag und seine Gattin. Mit den Vertretern des Kreises Euskirchen und vielen Angereisten
wird im Rahmen einer Feierstunde des 40-jährigen Bestehens des Vereins "Namslauer
Heimatfreunde e.V." gedacht. Landrat Rosenke hält die Festrede, spricht von
dem erfolgreichen Bemühen, im Patenkreis ein Stück Heimat zu bewahren, das
Unvergessliche immer wieder neu zu beleben.
veröffentlicht im JAHRBUCH 2005, Kreis Euskirchen
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