Es ist mein persönlicher Versuch etwas Licht in dieses Dunkel zu bringen, aber
keinesfalls wirklich ausreichend oder mehr als gerade noch befriedigend.
Nach: Böhm-Chronik, Familienforschung in Niederschlesien, Das Dominium, Klaus
E. Kunze.
Quelle: Klaus E. Kunze, Das schlesische Dorf Klein Ellguth "Oelßnischen
Creyses", Köln 2000. Brief Dr. Markus Bauer, Görlitz.
Grundherr - Rittergut Im 18. Jh., also vor der Bauernbefreiung, durch die
Preußischen Reformen, unterstand jede schlesische Dorfgemeinschaft einem Grundherrn;
dieser war in der Regel der Besitzer des jeweiligen Rittergutes.
Dominium Die Grundherrschaft und das Rittergut wurden 'Dominium' genannt.
Das Dominium hatte die Oberaufsicht und das Verfügungsrecht über den Dorfanger
mit der Dorfstraße und dem Dorfteich, über die Grenzraine, Wege, Stege,
Bäche, Flüsse und die sonstigen unbebauten Flecken der Dorfgemarkung nebst
besonderen Rechten, deren wichtigste das Jagd- und Fischereirecht, dazu das Bier- und
Branntweinmonopol waren.
Vor allem aber gehörten dem Dominium innerhalb der Gemarkung umfangreiche, mehrere
hundert Hektar große Ländereien, die mit Hilfe dienstpflichtiger Knechte
und Mägde und sonstiger Dienstleute bewirtschaftet wurden, dazu kamen die zu bestimmten
Diensten verpflichteten Stellenbesitzer.
Stellenbesitzer
Aller Grundbesitz im Dorf (mit Ausnahme des Rittergutes) gehörten sog.
Stellenbesitzern.
Je nach der Größe und Beschaffenheit des Bodens, je nach der Belastbarkeit
des Inhabers waren diese Besitztümer (Possessionen) in drei Arten von 'Rustikalstellen'
eingeteilt: in
Bauernstellen Gärtnerstellen
Häuslerstellen.
Die Zahl der Stellen eines Dorfes war durch Herkommen und Vereinbarung
in 'Urbaren' (schriftliche Verzeichnisse über Besitzrechte) festgelegt, die nur
sehr selten geändert wurden.
Obereigentümer - Besitzwechsel
Obereigentümer aller Rustikalstellen des Dorfes war die Grundherrschaft.
In Mittelschlesien der Stellenbesitz erblich, d.h. die Herrschaft konnte einzelne Stellen
nicht willkürlich einziehen und neu besetzen. Aber bei jedem Besitzwechsel (Verkauf,
Erbfall) war die Zustimmung des Grundherrn erforderlich, dazu war stets eine Besitzwechselabgabe
(Laudemium) zahlen.
Der Besitzwechsel konnte aber versagt werden, wenn dadurch die Wirtschaftlichkeit
der Stelle gefährdet wurde. Denn die Grundherrschaft hatte die Pflicht, die Rustikalstellen
betriebsfähig zu halten, d.h. in Notzeiten (Mißernten, Viehsterben) mußte
sie den Stelleninhabern Brot, Saatgetreide und Vieh bis zur nächsten Ernte liefern
und die Gebäude in bewohnbarem Zustand erhalten.
Der Gutsbesitzer war also für die Gutsuntertanen verantwortlich und teilte ihnen
ihre Pflichten zu.
Freie und dienstpflichtige Stellenbesitzer
Die Freibauern, die Freigärtner und die Freihäusler
waren solche Stelleninhaber, deren Pflichten gegenüber der Grundherrschaft weniger
in Diensten bestanden, sondern hauptsächlich in Geldzins und Naturalabgaben (sie
konnten aber auch davon befreit sein).
Demgegenüber waren die dienstpflichtigen Bauern, Gärtner
und Häusler stärker durch Frondienste und weniger durch Zinsleistungen
belastet.
Für sie alle, und erst recht für die landlosen Gutsbewohner
und Mieter, war die Gutsherrschaft die unterste staatliche und rechtliche Instanz.
Einspruch und auch Prozesse gegen ihre Entscheidungen war aber möglich.
Die Bauern
Die Bauern saßen auf den am besten ausgestatteten Rustikalstellen
(eigener Grund oder vom Grundherrn zugepachtet). Sie hatten außer Haus und Hof
und Garten so viel Ackerland, daß sie zu dessen Bestellung (mehrere) Pferde-
und/oder Ochsengespanne benötigten.
Die Bauerngüter umfaßten ein oder zwei, seltener mehr,
schlesische Hufen (zu je 16,8 Hektar). Wenn die Bauern fronen mußten, hatten
sie vor allem mit ihren Fuhrwerken Spanndienste (z.B. Wegebau) zu verrichten.
Die Gärtner
Die Gärtner hatten außer Haus, Hof und Garten nur wenig
Ackerland; sie besaßen verschiedenes Vieh, allerdings keine Pferde. Ihr Dienst
für die Herrschaft bestand hauptsächlich in Handdiensten. Wegen der geringeren
Ertragfähigkeit ihrer Stelle übten sie gewöhnlich nebenbei ein Handwerk
aus; wenn sie keines beherrschten, verdingten sie sich nebenbei als Tagelöhner.
Es gab aber auch Gärtner, insbesondere Freigärtner,
die so viel Land hinzugepachtet hatten, daß sie sich und ihre Familie allein
vom Ackerbau und von der Viehzucht ernähren konnten.
Die Häusler
Die Häusler hatten die kleinsten Rustikalstellen inne; denn
zu einer Häuslerstelle gehörten nur Haus, Hof und Garten und so gut wie gar
kein Ackerland, Zwar hielten auch die Häusler Vieh, vor allem Kleinvieh; sie konnten
aber vom Gartenbau und von der Viehhaltung allein nicht leben und arbeiteten daher
hauptsächlich als Handwerker, Tagelöhner oder Gutsarbeiter.
Ihre Dienste für das Dominium bestanden ausschließlich
aus Handdiensten; das heißt, sie mußten für eine festgesetzte Anzahl
von Tagen mit einer bestimmten Anzahl von Familienangehörigen der Gutsherrschaft
zur Verfügung stehen.
Die übrigen Dorfbewohner
Die übrigen Bewohner des Dorfes waren landlose Gutsarbeiter,
Tagelöhner, Knechte, Mägde, Schäfer, Hirten, Fischer und sonstige Gewerbetreibende,
die in den zahlreichen Gesindewohnungen des Dominiums und seiner Vorwerke lebten oder
Räume bei Stellenbesitzern gemietet hatten.
Reformen des 19. Jahrhunderts
In den Reformjahren von 1807 bis 1845 wurden die schlesischen Landbewohner
durch königliche Regulierungsedikte' schrittweise aus der Gutsuntertänigkeit
befreit.
Die Rittergüter behielten zwar ihre dominierende Rolle, aber
mehr durch die Größe und damit wirtschaftliche Bedeutung. In der Gemeinde
verblieben ihnen aber nur Reste richterlicher und polizeilicher Verfügungsgewalt.
Die jetzt freien dörflichen Stellen unterschieden sich jetzt
fast nur noch durch die Größe des zugehörigen Ackerlandes. Auch eine
Reihe von Gärtnern und Häuslern konnten im Laufe der zweiten Hälfte
des 19.Jh. durch Pacht, Kauf, Erbschaft, Einheirat ihr Besitztum vergrößern.
Die Bezeichnungen 'Bauer', 'Gärtner' und 'Häusler' verlieren
ihren ursprünglichen Sinn. Der Begriff 'Bauer' wurde zwar weiterhin für die
Eigentümer einer oder mehrerer Hufen verwendet; aber immer häufiger begegnen
uns in den Urkunden schon vor der Jahrhundertwende die umfassenderen Begriffe 'Freistellenbesitzer/Stellenbesitzer'
und zum Ende der Sammelbegriff 'Landwirt'.
Als Hintergrund für diese uns so fernen Begriffe, sei ein Brief vom April 2003
an mich von Dr. Markus Bauer, Direktor des Schlesischen Museums zu Görlitz, wiedergegeben.
Bei den "Freigärtnern" und "Dreschgärtnern" handelt es
sich um Angehörige der dörflichen Mittelschicht. Im allgemeinen lebten auf
dem Dorf in Schlesien drei Gruppen: die Bauern, Gärtner und die Häusler.
Bei den Bauern handelt es sich um die Nachkommen der ursprünglichen deutschen
Siedler des 13. Jahrhunderts, die persönlich frei (also nicht leibeigen) waren
und ihren Boden ohne Abgabenlast bewirtschafteten. Da sich die Rechtslage in der frühen
Neuzeit zu Ungunsten der ländlichen Bevölkerung veränderte, wurden manche
von ihnen doch zu Diensten verpflichtet, wenn auch gewöhnlichen nur zu gemessenen,
d.h. genau umrissenen Verpflichtungen, z. B. bestimmte Fuhren beim Einbringen der Ernte
zu leisten u.ä.. So scheint es auch im Falle von Grambschütz gewesen zu sein,
wenn es heißt, dass die sechs Bauern "dienstbar" sind. Die Gärtner
sind eine soziale Schicht, die sich historisch gesehen später in den Dörfern
ansiedelte, erst seit dem Ende der
Kolonisationsepoche, also in der Zeit nach dem 13. Jh., als die großen Feldfluren
bereits verteilt waren. Vermutlich sind auch große Teile der ehemaligen slawischen
Bevölkerung in dieser Gruppe aufgegangen. Ein "Garten" ist ein Stück
Acker, das kleiner ist als eine Hufe (= die normale Landausstattung eines Bauern) und
das war für gewöhnlich nicht ausreicht, um eine Familie zu ernähren.
Gärtner mussten also dazuverdienen: als Handwerker oder Tagelöhner bei der
Herrschaft oder bei Bauern. Gärtner waren sozial schlechter gestellt als Bauern;
sie mussten Dienste in erheblichem Umfang leisen, oft ungemessen (d.h. nach Belieben
der Herrschaft). Viele von ihnen waren Hörige, also persönlich unfrei. In
vielen Dörfern stellten Gärtner die Masse der Bevölkerung dar. Sie waren
in verschiedene Schichten unterteilt: "Freigärtner" waren besser gestellt
und persönlich frei, wenn auch zu Diensten verpflichtet; "Dreschgärtner"
waren gewöhnlich Hörige, die der Herrschaft das ganze Jahr über eine
Fülle von Diensten zu leisten hatten, zu denen auch das namensgebende Dreschen
gehörte. Vor allem bei den Dreschgärtnern vermutet man die Nachkommen ehemals
slawischer Höriger. Die dörfliche Unterschicht setzt sich aus Häuslern
zusammen: das sind Leute, die überhaupt kein eigenes Land haben und ganz auf auswärtige
Beschäftigung, als Tagelöhner oder Handwerker, angewiesen sind und im Dorf
die schlechteste Rechtsstellung haben. Häusler wurden erst seit dem 16.Jh. zumeist
auf Herrenland (bzw. auf Land, das die Herrschaft zuvor den Bauern abgenommen hatte)
angesiedelt. Was "Auszüglerhäusler" sind, weiß ich nicht:
vielleicht Leute, die außerhalb des Dorfes wohnten (Aussiedlerhöfe). Wenn
von "bewohnten Auszüglerhäusler" die Rede ist, dann ist damit gemeint,
dass die entsprechenden Hausstellen besetzt, die Häuser also bewohnt waren. Bei
dem "Ziergärtner" handelt es sich offenbar um einen spezialisierten
Handwerker; er wird ja auch in einer Reihe mit anderen Handwerkern und dörflichen
Berufen genannt. Es hat also nichts mit dem "Gärtner" im sozialrechtlichen
Sinne zu tun. Ich nehme an, dass es ein Mann war, der als Gärtner zur Pflege von
Blumengärten und Anlagen bei der Herrschaft angestellt war, aber offenbar in einem
freien Dienstverhältnis, nicht als Höriger. Ein Garnsammler hat irgendetwas
mit der dörflichen Textilindustrie zu tun, was seine genaue Betätigung ist,
weiß ich nicht, aber irgendein Handwerker muss es wohl sein.
--------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Schultheiß - Schulze - Scholtisei (Scholzengut) - es gibt viele sprachliche
Varianten -
Nach: Kille, Heimatblatt für den Kreis Strehlen und Ohlau,1/2000, S.16
Der Kolonistenführer/Siedlungsunternehmer (Lokator) spielte
bei der mittelalterlichen Besiedlung Schlesiens eine große Rolle. Die damaligen
Grundherrn (Piasten-Herzöge, Fürsten, Bistümer) schlossen die Siedlungsverträge
nur mit dem Lokator, nicht mit dem Siedler ab. Der Lokator hatte die Siedelarbeit zu
leiten und zu überwachen, mußte am Anfang für Saatgut und Gerätschaften
und für die Existenz der Siedler sorgen. So trug er eine hohe hohe Verantwortung
dem Grundherrn gegenüber. Die Belohnung war z.B. ein Schulzenamt verbunden mit
der Erbscholtisei/Schulzengut. Er übernahm also eine führende Funktion in
der bäuerlichen Gemeinde. Zum Schulzengut gehörte die Dorfschenke (Erbkretscham),
dazu kam eine Handelserlaubnis (Erbkrämer), die Errichtung von Handwerksbetrieben
(Erbschmiede) oder Mühlen (Erbmüller) und anderen Privilegien.
Diese örtliche Vorrangstellung verband sich mit vielen rechtlichen
und öffentlichen Funktionen. Er hatte die Polizeigewalt und niedere Gerichtsbarkeit
(Erb- und Gerichtsschulze), für seinen Grundherrn musste er die Steuern und Abgaben
einziehen, u.a.m.
Diese Rechte und Pflichten waren aber nicht an die Person, sondern
an den Besitz der Scholtisei gebunden. Diese war in männlicher und weiblicher
Linie vererbbar, frei verkäuflich, beleihbar, auch von grundherrlichen Zinsen
befreit (Freigut, Freibauer). Mit Änderung der politischen und wirtschaft-lichen
Gegebenheiten schwanden diese Erbscholtiseien immer mehr; bis zur Vertreibung 1945
war diese Bezeichnung nur noch ein Aushängeschild'.
Patrimonialgerichtsbarkeit - Herrliche Gerichte = Erb-, Guts-, Privatgerichtsbarkeit.
Der Regel nach übt der Gutsherr (Gerichtsherr (-schaft), Erbrichter)
nicht selbst die Jurisdiktion aus, sondern durch Gerichtsbeamte. Im 19. Jh. meist nur
noch ein Präsentationsrecht. 1879 durch das neue Ger.Verf.Ges. aufgehoben. Schon
früher sehr eingeschränkt, besonders seit 1848.
---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Weitere Funktionen
Waldbereiter
1600: Ämter, z.B. Waldbereiter, Fischmeister. Dem Waldbereiter, genannt für
Böhmen/Liechtenstein, unterstand damals das gesamte betriebliche Forstwesen (1538
ordnete Kaiser Ferdinand eine "gmain waldbereitung in der grafschaft Tirol "an).
--------
1801 (Adelung, Wörterbuch), diese Fundstelle stellt auf "reiten" ab.
Ein Unterbeamter, der den Wald zu Pferde zu be-reiten und dort für Sicherheit
zu sorgen hatte.
--------
1884 wieder ein erweitertes Verständnis dieses Begriffs, wenn auch nicht so weit
wie um 1600. Zu seinen Aufgaben gehörten das Vermessen des Wirtschaftsbetriebes,
die Forsteinrichtung, Anlegen von Versuchsflächen zur wissenschaftlichen Erforschung
des Waldstreubetriebes, Läuterung der Nutzhölzer und rationelle Durchforstung.
Versuchsflächen zur Erforschung der Samenherkünfte und zur Aufforstung in
verschiedenen Planzverbänden.
Forst-/Waldbereiter - Forstläufer
Im 18. und 19. Jh. sind Wirtschaftsleiter oft beritten und heißen daher Forstbereiter
oder Waldbereiter. Die untergeordneten Beamten, die ihren Dienst zu Fuß versehen
müssen, sind so genannte Forstläufer.
Waldbeläufer
Ca. 1800-1860 als Berufsbezeichnung verzeichnet. Eine genaue Erklärung der Tätigkeit
war nicht zu finden. Wohl eine Aufsichtsfunktion (Feuer, Holz- und Wildfrevel), die
auch neben einem anderen Beruf ausgeübt wurde, z.B. Bleichermeister - Steinarbeiter
- Freigärtner und Waldbeläufer, aber auch Waldbeläufer und Forstaufseher.
Später dann wurden wohl Waldwärter, Wald-/Forstaufseher, Unterförster
daraus.
Ländesältester
Ursprünglich Beauftragter der Landstände, d.h. die politische
Vertretung der Stände in den europäischen Gesellschaften des Mittelalters
und der frühen Neuzeit gegenüber dem jeweils Regierenden. Die Stände
waren von Land zu Land sehr unterschiedlich, z.B. Adel, Klerus, Vertreter von Städten,
einzelne Beamte, auch freie Bauern.
In Preußen blieb im 18./19. Jh. den Landesältesten nur
noch die Verwaltung des gemeinsamen Vermögens der Kommunalstände und der
amtliche Verkehr mit der Staatsregierung bei der Vertretung ständischer Interessen.
Wieder in in Preußen führten diesen Titel auch Mitglieder
der Kreistage, die von der Landschaft (ständische Vertretung) mit der Abschätzung
der Güter in Bezug auf deren Beleihung mit Pfandbriefen beauftragt waren.
|